Viktor Eduard Prieb - Literatur
- Publizistik

Der Putins absurde Krieg gegen die Ukraine:
Goliath gegen David?

( als PDF-Datei)
( Die Hymne und die Kurzgeschichte der Ukraine )

Berlin, 8. März 2022

„Niemand hat die Absicht, ...“ – diese zu Redewendung gewordene Ankündigung von Walter Ulbricht kennt die ganze Welt und vor allem die Deutschen, die deren Wahrheitsgehalt so schmerzhaft erfahren mussten. Man will trotzdem solchen wohltuenden Absichten sehr gerne glauben. Auch dann, wenn Putin diese mit seinem satanischen KGB-Sarkasmus verkündete, bis auf die Zähne bewaffnet von drei Himmelsrichtungen an die Staatsgrenze der Ukraine angerückt. Niemand wollte den geheimdienstlichen Ankündigungen der USA über den ziemlich genauen Termin des Angriffsbeginns Glauben schenken. „Wir sind seit gestern im Krieg!“ – spottete der ZDF-Kabarettist noch am 17. Februar über den von CIA verkündeten Angriffstermin am 16. Februar, auf die Zuverlässigkeit der CIA-Informationen im Irak-Krieg hindeutend. Putin unterstützte diesen Spott mit dem berühmten Satz „Niemand hat die Absicht, ...“ und belog die friedliche Welt auf die geübte Weise weiter. Er verlegte den von CIA verkündeten Angriffstermin auf den Tag gleich nach dem in der UdSSR, und auch jetzt in Putins Russland beliebten Feiertag der Gründung der "Sowjetarmee und Militärseeflotte" am 23. Februar. Das war der einzige CIA-Fehler, die die Wichtigkeit dieses Rituals für Putin gerade vor dem Krieg vorsehen sollte.

Putin, der Bekämpfer der Nazi-Ukrainer, scheint Hitler zu bewundern und zu kopieren, Hitlers Annektierungspolitik und Hitlers Kriegsführung noch vor der Annektieren der Krim, tüchtig studiert und als Blaupause benutzt zu haben. Er begann seinen zum Blitzkrieg erklärten Angriff mit dem Bombardieren von Kiew um 4 Uhr morgens früh wie sein großer Meister sein Unternehmen Barbarossa am 22. Juni 1941auch.

Ich bin sicher, dass Putin die Bereitschaft der Ukrainer, gegen die russischen Invasoren zu kämpfen, mit seinem arroganten und beleidigenden Aufruf an die ukrainischen Soldaten: „Wir wollen sie nicht töten, legen sie ihre Waffen nieder und gehen sie zu ihren Familien nach Hause!“ nochmals mächtig verstärkt hat. Die Bereitschaft, deren Glut er seit 2014 mit seiner aggressiven Ukraine-Politik erst zum richtigen Feuer angefacht hatte.

Putin wollte die von ihm selbst verursachten realen Veränderungen in der Mentalität der ukrainischen Bevölkerung in seiner kriminellen und beleidigenden Arroganz nach seinen Erfolgen mit der „russischen Karte“ auf der Krim und in Donbass nicht sehen bzw. in seinen Kriegsplänen nicht berücksichtigen. Dafür hat er, in seinem kleinkriminellen Slang ausgedrückt, sogleich auf die Fresse gekriegt, und zwar nicht nur militärisch, sondern auch in Sachen Moral, Freiheit und Demokratie!

In seinem verlogenen Selbstsuchtrausch als Befreier des ukrainischen Volks von einer drogensüchtigen faschistischen Nazi-Bande hat er die Stärke der Demokratie als eine schallende Ohrfeige von diesem Volk vollends erfahren. Das Volk, das seinen Präsidenten in freien demokratischen Wahlen mit 73% Stimmenmehrheit gewählt hatte, stand nun hundertprozentig hinter seinem Präsidenten und gegen den Usurpator Putin! Derartige Anerkennung ist für jeden demokratischen Politiker zu beneiden und für jeden Diktator nie zu erfahren!

Der russische Bevölkerungsanteil der Ukrainer wollte nicht mehr Putins Spielkarte und der Verräter seiner ukrainischen Heimat sein, wie Putin ihm es 2014 aufgezwungen hatte. Damals hatte eine Bande von Putins „Grünmännchen“ die in Simferopol kasernierte Eliteeinheit von Fallschirmjägern allein durch die wüsten russischen Beschimpfungen und Drohungen vor den Toren der Kaserne eingeschüchtert und die Krim dadurch in einem Handstreich erobert. Aus meinen Erfahrungen in der Ukraine vermute ich jedoch, dass die Kommandierenden dieser Fallschirmjäger-Elitetruppe von "Grünmännchen" mit Putins Geld einfach gekauft worden waren.

Diese „Befreier“ aller Russen und Krim-Eroberer setzten dann die angeblich von der russischstämmigen Mehrheit der Bevölkerung gewünschte und durch ein inszeniertes Referendum legitimierte Unterwerfung der Krim durch. Die gleichen „Grünmännchen“ von Putin zettelten den Aufstand der angeblichen russischen Mehrheit der Bevölkerung vom Donbass an. Ein Krieg, der in den letzten acht Jahren zu einem „Bürgerkrieg“ zwischen Putin und der Ukraine ausgewachsenen und zur Begründung des Putins heimtückischen Überfalls auf die ganze Ukraine geworden ist.

Der „Retter aller Russen und alles Russischen“, Putin, stärkte also das nationale Bewusstsein der ukrainischen Bevölkerung, die davor tatsächlich durch Russen sehr verdünnt gewesen war, durch seine „russische Karte“ dermaßen, dass alle Bürger unabhängig von ihrer Nationalität und vor allem die Russen zum Beginn seines Kriegs zu reinen Patrioten-Ukrainern geworden sind.

Diese Veränderungen hatten auch die westlichen Politik- und Militärstrategen wie alle Generale a.D. vor dem Krieg versehen oder als ein strategisch entscheidender Faktor in ihrer Analysen einfach ignoriert. Ihre Analysen waren auch sonst sträflich primitiv, weil sie die Apfelzahlen in der zweiten Spalte der Vergleichstabelle unten der Birnenzahlen in der dritten Spalte gegenüberstellten (Siehe meine Erklärung dazu unten).

So haben sie gar keine Chance zum Überleben der Ukraine, dem David, aufgrund der überwältigenden Apfelzahlen beim Goliath-Russland ausgerechnet. Somit sahen sie auch keinen Handlungsbedarf, z.B. anlässlich die Waffenlieferungen (vor allem Deutschland) für sich selbst. Den Analytikern standen offensichtlich immer noch vor Augen die blamablen Bilder aus Afghanistan von neulich sowie die nicht weniger blamablen Ereignisse von vor acht Jahre, im Jahre 2014, auf der Krim in der Ukraine.

Auf diesem Untergangskonzept basierte auch die Kriegsberichterstattung in den ersten zwei Tagen: Massive Luftangriffe auf strategische Ziele (Flugplätze mit Landebahnen als Erste) in der Ukraine und Truppenbewegungen vom Norden (Belarus), vom Osten (Donbass) und vom Süden (Krim) in Richtung Kiew, Charkiw und Mariupilj, kein einziges Wort über Widerstand und Abwehrkraft der ukrainischen Armee, als ob es die Birnen rechts in der Tabelle gar nicht gäbe! Und schließlich kam in den Abendnachrichten die peinliche Spitze der Militäranalyse: „Kiew wird in dieser Nacht von russischen Kräften eingenommen!“

Ich rieb mir die Augen und konnte es nicht wahrhaben! Mir kamen sogleich auch unschöne Erinnerungen an die afghanische Armee vor knapp acht Monaten. Die Armee, die 20 Jahre lang von westlichen Ländern aufgestellt, mit modernen Waffen im Wert von mehreren Milliarden von Dollar ausgerüstet und von westlichen Spezialisten ausgebildet wurde, um sich dann samt all dieser Waffen den Taliban kampflos zu ergeben. Die Situation in der Ukraine wäre aber eher mit dem Kampf der Afghanen für ihr Land gegen die UdSSR-Invasoren zu vergleichen! Und so war es dann auch.

Am nächsten Kriegstag rieben sich auch all die Analytiker und die Berichterstatter die Augen: Kiew stand noch! Doch alle blieben dabei: Dann fällt Kiew eben in der kommenden Nacht. Am 26. Februar stand Kiew trotz aller Vorhersagen immer noch!

Diese unglaubliche Tatsache löste einen politischen Erdrutsch in der westlichen und vor allem in der deutschen Politik aus! Die Entschlossenheit, die Tapferkeit und der Patriotismus der Ukrainer und ihrer Armee, mit denen sie ihren freigewählten Präsidenten und ihr freies Land verteidigten, löste auch Euphorie der ganzen Welt aus! Meine Euphorie natürlich auch! Auch wegen der neuen Haltung Deutschlands mit Waffenlieferungen, finanziellen und vielen anderen Hilfen!

„Totgesagte leben eben länger!“ – will man es hoffen. Es kann auch als die Rechtfertigung für Deutschland genutzt werden: „Mit unserem Totsagen der Ukraine meinten wir eigentlich: Lang lebe die Ukraine!“

Die Berichterstattung blieb aber für uns in Deutschland immer noch ziemlich spärlich und widersprüchlich, denn die meisten Kriegsreporter flüchteten angesichts solcher Vorhersagen schon am ersten Tag aus den Orten des Geschehens zur westlichen Grenzen der Ukraine. Nun berichten sie seitdem von dort über die Flüchtlingsströme nach den Westen, statt direkt von der Front, wie es sich für die Kriegsberichterstatter gehört.

So hat die anfängliche Euphorie bei mir allmählich in mein normales rationales Denken mit professionellen Analysen umgeschlagen, welche eine Menge von berechtigten Fragen hervorgebracht haben.

Erstens, warum das Volk von vierzig Millionen Ukrainer als der kleine David dargestellt bzw. betrachtet wird?

Die Ukraine mit ihrem fruchtbarsten Boden, wo alles, was darin fällt, sofort sprießt und gedeihet, und mit ihrer starken und breitgefächerten Industrie in vielen Städten wie:
Kiew (Stahlindustrie, Maschinen-, Fahrzeug- und Flugzeugbau – Antonow mit 14.000 Beschäftigten, Chemie- und Solarindustrie, Energieerzeugung, optischer und feinmechanischer Gerätebau – das "Arsenal"-Werk),
Mariupilj (Stahlindustrie, Maschinenbau),
Krywyj Rih (Schwerindustrie, Eisenerzabbau, Maschinenbau, Stahl- und Chemieindustrie, Uranförderung),
Donbass (Schwerindustrie, Kohlebergbau),
Saporischschja (Metallurgie, Aluminium- und Chemieindustrie, Flugzeugmotoren-, Landwirtschafsmaschinen- und Kfz-Bau),
Krementschuh und Luzk (Fahrzeug-, Waggonbau),
Charkiw (Luft- und Raumfahrtindustrie),
Sumy (High-Teck-Geräte wie Elektronenmikroskope, Maschinen für chemische Industrie)
war wirtschaftlich und militärisch die stärkste Republik der Ex-UdSSR. All diese Städte sind außerdem Uni-, Forschungs- und Entwicklungszentren, welche diese Industrien mit Grundlageforschungen, neuen technologischen Entwicklungen und Knowhows so gut bedienen, dass sich die Ukraine von Russland auf diesen Gebieten im letzten Jahrzehnt völlig emanzipiert hat.

Die Ukraine war nach dem Zerfall der UdSSR die drittstärkste Atommacht der Welt! Sie verzichtete aber in dem Budapester Memorandum 1994 freiwillig auf die Kernwaffen gegen die in dem Memorandum unterzeichneten Sicherheitsgarantien der USA, Großbritannien und Russland, die Souveränität der Ukraine und Integrität ihres Territoriums zu achten und zu schützen.

So meuchlerisch missachtet die Schutzmacht der Ukraine, Russland, seit 2014 seine eigenen internationalen Verpflichtungen noch mehr als die internationalen Gesetze. Die militärischen Eskapaden Putins gegen die Ukraine wären ohne das Budapester Memorandum heute gar nicht möglich gewesen! Das ist ein für den Straßenköter wie Putin, wer in seiner Jugend angeblich der Anführer einer Straßenbande in Leningrad war, typisches Verhalten, den Schwächeren für die durch seinen Minderwertigkeitskomplex verursachten Machtdemonstrationen zu wählen und vor dem Stärkeren seinen Schwanz einzuziehen. So ein primitiver Politiker versteht nur die Argumente meines geachteten Schauspielers Bud Spenser – auf die Mütze drauf hauen! – und kann nur so gestoppt werden!

Zweitens, warum hat man das Gefühl nach acht Jahren des kleinen Kriegs und der intensiven Modernisierung ihrer Armee auch mit Hilfe eigener starken Industrie, mit der militärischen Milliarden-Hilfen der USA und der wirtschaftlichen Milliarden-Hilfe der EU, dass der Putins Krieg die Ukraine mit heruntergelassener Hosen erwischt hat?

Wenn man die alten sowjetischen Panzer in der Putins angreifenden Armee sieht, denkt man gleich an die Korruption in Russland, wo die Hälfte aller Investitionen in die Modernisierung des Militärs in die korrupten Strukturen und in die Taschen von Oligarchen „privatisiert“ werden. Diese Modernisierung wurde, der Putins Prahlerei nach, in den letzten zehn Jahren durch Investitionen von Milliarden durchgeführt. Diese wurde auch von EU-Ländern mit voller Hingabe technisch unterstützt – erinnern wir uns nur an erbostes Frankreich, das seinen für Russland gebauter Flugzeugträger nach den Sanktionen gegen Russland von 2014 nicht mehr ausliefern durfte!

Woran soll man denken, wenn man die ukrainische Armee mit der heruntergelassenen Hose sieht? Gehört ein korruptes Land in die EU, wo wir bereits genug davon haben? Können das Fegefeuer des Kriegs und Patriotismus des Volkes die Korruption ausrotten?

Warum wurden die strategisch wichtigen Objekte wie Flugplätze durch Flug- und Raketenabwehrsystemen wie „PATRIOT“ nicht geschützt und die ukrainischen Soldaten für diese Systeme nicht mal ausgebildet?

Putins Krieg begann nicht nur zeitlich wie Hitlers Krieg gegen die UdSSR im Jahre 1941, sondern auch strategisch mit Bombardierung von Flugplätzen und Eisenbahnknoten. Der einzige Unterschied bestand darin, dass Putins Krieg nicht unerwartet kam und man sich auf den bereits seit acht Jahren lodernden Krieg gut vorbereiten konnte.

Die richtige Analyse der Vergleichstabelle ergibt ein ganz anderes Bild von Stärkeverhältnissen zwischen "Goliath" und "David":

Die Zahlen in der zweiten Spalte zeigen die Gesamtzahl des russischen Militärs, die durch ganzes Russland verteilt sind, während die Zahlen in der dritten Spalte die militärische Stärke der ukrainischen Armee zeigen, welche praktisch direkt vor Ort in kriegerischen Handlungen in der ganzen Ukraine agiert. Die Stärke der russischen Armee vor Ort wurde noch vor dem Angriff bekanntgegeben: 100 Tsd. Soldaten im Osten (Donbass), 50 Tsd. im Norden (Belarus) und etwa 50 Tsd. im Süden (Krim). Rechnet man diese Zahlen zusammen, kriegt man die vergleichbaren Zahlen (Birnen statt Äpfel gegenüber den Birnen), die ich in runden Klammern in die Tabelle hinzugefügt habe.

Da die Truppenstärke beinhaltet sinn- und strukturgemäß einen proportionalen Zusammenhang mit Anzahl von Waffengattungen, habe ich die Zahlen für Waffen ebenfalls mit dem Faktor etwa 0.2 (etwa ein Fünftel) umgerechnet, der sich aus dem Verhältnis der aktiven (ohne Reserve) im Krieg beteiligten russischen Soldaten von 150 Tsd. zur der Gesamtzahl von 850 Tsd. ergibt.

Die resultierenden Zahlen zeigen eine dreifache Überlegenheit nur in Flugzeugen, Hubschraubern und selbstfahrenden Raketenwerfern auf der russischen Seite, gegenüber der dreifachen Überlegenheit der ukrainischen Soldaten 450 Tsd. mit den bereits am ersten Tag mobilisierten Reservisten, ohne die mittlerweile auf 20 Tsd. gestiegene Anzahl von Fremdenlegionären (internationale freiwillige Kämpfer), sowie einfache Überlegenheit in Kampfpanzern und gepanzerten Fahrzeugen.

Vergleichstabelle:
Militärische Stärke: Russland / Ukraine
Bodentruppen:
Militärisches Personal insgesamt: 1.350.000 / 500.000
davon:
aktive Soldaten: 850.000 (150.000) / 200.000
Reserve: 250.000 (0) / 250.000
Paramilitärische Einheiten: 250.000 (50.000?) / 50.000
Angriffstechnik:
Kampfpanzer: 12.420 (2.100) / 2.596
gepanzerte Fahrzeuge: 30.122 (5.000) / 12.303
selbstfahrende Artillerie: 6.574 (1.100) / 1.067
geschleppte Artillerie: 7.571 (1.300) / 2.040
selbstfahrende Raketenwerfer: 3.391 (600) / 490
Luftstreitkräfte:
Luftwaffe insgesamt: 4.173 (835) / 318
davon:
Jagdflugzeuge/ Abfangjäger: 772 (130) / 69
Flugzeuge für Bodenangriffe: 739 (120) / 29
Hubschrauber insgesamt: 1.543 (260) / 112

Am 15. März verkündete Präsident Selenskyj allerdings die zehnfache Überlegenheit der russischen Seite an Soldaten und an Kampfpanzern! Da müssen wohl bereits über 4 Mio. russischen Soldaten und 25 Tsd. Panzern von irgendwo in Russland in den Kampf hergezogen sein! Oder die ukrainische Armee hat sich auf einmal in Nichts aufgelöst und 20. Tsd. Fremdenlegionäre gegen 200 Tsd. (1:10) allein gelassen.

Selenskyj geniest Sympathie, Vertrauen und bedingungslose Unterstützung der EU und fast der ganzen Welt! Er weiß es auch und muss mit solchen offensichtlich in seiner emotionalen Rage erfundenen Übertreibungen nicht noch mehr auf die Gemütslage der Unterstützer wirken, sonst verliert er (nicht das mutige ukrainische Volk!) noch unsere Sympathie und unser Vertrauen.

Die westlichen Partner stellten der Ukraine 1,5 Milliarden US-Dollar an militärischer Hilfe zur Verfügung. Die USA und Großbritannien lieferten seit 2019 und liefern auch jetzt noch Hunderte von Panzerabwehrraketen und Stinger-Flugabwehrraketen aus. Auch die baltischen Republiken schicken an die Ukraine die US-Stinger-Raketen. Deutschland lieferte nach seiner politischen Kehrtwende an die Ukraine 1000 Panzerabwehrwaffen, 500 Stringer-Raketen und 2.700 veralteten „Strela (Pfeil)“- Boden-Luft-Raketen sowjetischer Produktion aus den DDR-Waffenbeständen.

Bei all diesen Zahlen und den Treffquoten von 80% sollen eigentlich alle Kampfflugzeuge und Hubschrauber (ca. 500, Tabelle), alle russischen Kampfpanzer und gepanzerten Fahrzeuge (ca. 7.000, Tabelle) schon längst abgeschossen werden! Doch Selenskyj behauptete am 15. März, dass die ganzen Lieferungen der letzten Wochen in 20 Stunden verschossen werden und verlangt also noch mehr und noch schneller zu liefern! Wohin werden sie alle denn verschossen?

Warum müssen diese Lieferungen jetzt auf gefährlichen Kriegswegen und nicht davor, in 8 Jahren des Putins latenten Kriegs in Donbass geliefert werden?

Warum verlangt Selenskyj vom Westen nach Kampfjet? Wo sollen diese denn landen, wenn alle Flugplätze bereits zerbombt worden sind?

Warum will Selenskyj von der NATO die Flugverbotszone, wenn die ganze russische Luftwaffe allein durch Stinger-Raketen wie im Afghanistan in Schach gehalten bzw. vom Himmel heruntergeholt werden kann?

Wo ist die ganze oben aufgelistete starke ukrainische Industrie, wenn sogar die Munition für Maschinengewehre und Kanonen aus Polen geliefert werden müssen?

Haben wir den Krieg in 75 Friedensjahren verlernt, wo die Männer an der Front kämpfen und der Rest, Frauen, Männer unter 18 und über 60, an der Heimatfront die Munition und alles Nötige tags und nachts für die Front produzieren?

Wo die Berliner und die anderen Stadteinwohner Deutschlands unter den alliierten Bomben die Kälte und Hunger ertragen mussten, ohne bei Feinden um Gas und Erdöl zu betteln?

Will uns Selenskyj mit seinen übertriebenen Anforderungen an die NATO wirklich in den Atomkrieg hineinziehen?

Vielleicht sollte die NATO den Putins Atomschlag-Androhungen zuvorkommen und diese nicht dem angeblichen Draufgänger überlassen, welche die allmächtige NATO so eingeschüchtert haben, dass es mir persönlich mittlerweile peinlich ist?

Vernimmt der Bandit Putin dieses Zurückhalten der NATO als eine Einladung zu weiteren Bedrohungen und Expansionsangriffen, sodass unsere Appeasement-Politik dadurch eher in einen Atomkrieg mündet?

Meine wissenschaftlich-professionelle Analyse der absurden Situation hat mir gar nicht geholfen, diese besser zu verstehen und am Ende noch mehr Fragen und Zweifel produziert, als ich zur Zeit meiner Euphorie hatte.

Trotzdem kann ich jetzt sogar daran glauben, dass der David den Goliath mit seinen Stein- und Raketenwerfern erwischt und noch einmal besiegt!

Das dreifache: "Lang lebe Ukraine!" dazu.

Ich habe mir mit diesem Artikel viel Zeit genommen und heimlich gehofft, dass dieser am Ende wegen des Kriegsendes und des Friedens überflüssig gewesen wäre! Auch diese unerfüllte Hoffnung war eigentlich absurd und abstrus für einen Autor, der immer etwas bewirken wollen soll...

P.S.:
Während ich schrieb, entwickelten sich hierzulande Anfeindungen gegen alles Russische. Meine Meinung dazu habe ich noch im Jahre 1990 gebildet. Als ich auf einem langen, beschwerlichen und schmerzhaften Weg aus Sibirien auch noch nach einem langen und abweisenden Aufnahmeverfahren als Deutsche doch nach Deutschland kam und hier eine multinationale Menge von Einwanderern vorfand, die es viel leichter als ich hatten und bereits seit langem hier waren, gab es mir ein Grund zum Nachgrübeln.

Schließlich kam ich auf die pragmatisch-patriotisch-philosophische Formel: „Es ist mir egal, wer welche Nationalität, Hautfarbe, Religion und sonst noch etwas hat. Wichtig ist nur, wie sie zu Deutschland stehen. Stehen sie im Fall der Fälle, wie ein Krieg, auf meiner Seite, sind sie meine deutschen Kameraden. Stehen sie mir gegenüber, auf der anderen Seite, sind sie meine Feinde!“

Nun sind wir im Krieg und meine Formel hat jetzt ihre Gültigkeit erlangt. Es ist egal, ob es die Russen oder noch mehr die Ostdeutschen sind, halten sie das Putins Böse für das Gute, sind sie unsere Feinde, die unserem Humanismus, unserer Aufklärung und unserem Verständnis von Demokratie und Freiheit feindselig gegenüber stehen.

Dabei sind sie schlimmer als die Mehrheit der Russen in Russland, die – kaum aus dem sowjetischen Verblödungssystem – nun der Putins Gehirnwäsche unterzogen sind. Falls die hier lebenden und Informationsfreiheit genießenden Menschen – egal ein Dirigent oder eine Putzfrau, Russen oder Deutschen – auch zu Putins Gefolgschaft gehören, sind sie unsere Feinde aus Überzeugung in ihrem ohne Gehirnwäsche kranken Kopf, dürfen sie nach dem internationalen Kriegsrecht jedenfalls für die Zeit des Krieges isoliert-interniert werden.

Dann besteht allerdings die Gefahr, dass Putins „Grünmännchen" nach Berlin kommen, um die russischen Patrioten hier zu befreien. Ob wir dann imstande sind, uns genauso tapfer zu wehren, wie tapfer wir jetzt die russisch-orthodoxen Kirchen angreifen? Die Kirchen, in denen auch die orthodoxen ukrainischen Flüchtlingsfrauen nun Zuflucht und Trost suchen...

P.P.S.:
Neulich ist mir ein Büchlein, eine Broschüre "Brandenburg und Rußland in Geschichte und Gegenwart" in die Hände gefallen, herausgegeben vom Berliner Begegnungsforum mit Förderung der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung.

Diese wurde mir zugeschoben, weil ich mich mit dem Thema "Deutsche Kolonisten im Zarenreich Russland" beschäftigte, interessierte mich aber nur bedingt. Trotzdem schaute ich kurz rein, um einzuschätzen, ob ich da drin etwas Passendes zu meinem Thema finde.

Was ich dort gleich im ersten Beitrag fand, schockierte mich eher durch, im besten Fall, Dilettantismus, im schlechtesten Fall bösartige sowjetische Propaganda:

"Russen und Deutsche können auf eine mehr als tausendjährige Geschichte zurückblicken. Fast ebenso alt sind die vielfältigen Beziehungen, die beide Völker bis auf den heutigen Tag miteinander verbinden. Das erste sichere Datum gegenseitiger Kontakte fällt in das Jahr 959. Damals schickte Olga (+969), Fürstin der Kiewer Rus und erster getaufter Angehöriger des russischen Herrscherhauses, eine Gesandtschaft zum römisch-deutschem König und späteren Kaiser Otto I. (936-973) …"

Bereits dieser kurze Abschnitt mit mehreren stümperhaften Unzulänglichkeiten, reichte es mir, um mein Interesse zu solchem Delirium endgültig zu verlieren und mich angesichts des heutigen Krieg in der Ukraine sogar wütend zu machen. Zunächst hatte ich Verdacht, dass dieses Delirium von Putin geschrieben wäre oder von seinen laienhaften Auslegungen der Geschichte abgeschrieben würde.

Das veranlasste mich die Broschüre noch einmal präziser anzuschauen. Das Erscheinungsjahr 1991, also kurz nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Die Autorin dieses Beitrags Dr. Bärbel Holts (*1958), eine DDR- Geschichtswissenschaft, die 1985 an der HU-Berlin mit ihre Doktorarbeit "Der Kampf der KPdSU(B) zur Durchsetzung der Leninschen Generallinie des sozialistischen Aufbaus in der Wertung gesellschaftlicher Kräfte Deutschlands (Ende 1923 – Ende 1927" zum Dr. phil. Promoviert wurde und zur Zeit der Buchveröffentlichung (1991) als wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl Landesgeschichte Berlin-Brandenburg tätig war.

Zu dieser Biographie ist nichts hinzuzufügen, um das ideologische Vokabular und den "russifizierten" Hintergrund ihres Beitrags nach vielen Jahren Herrschaft des großen russischen Bruders über die DDR zu verstehen. Ihr Beitrag ist ein Muster für die heutigen populistischen Fake-Berichte, in denen einige historisch belegte Daten (zu denen übrigens Olgas Taufe in Konstantinopel als "erster getaufter Angehöriger des russischen Herrscherhauses" nicht gehört) eingegeben werden, um es glaubwürdiger zu machen, und dazwischen der eigentliche Fake-Mist serviert wird.

Die Darstellung von "historisch belegte Daten" ist dabei durch unsaubere wissenschaftliche Sprache bezeichnet wie >römisch-deutschen
Solche Unsauberkeiten mögen als Lappalien gesehen werden, zeigen für mich jedoch die Qualifikation eines Wissenschaftlers, welcher der strengen, eindeutigen und verständlichen wissenschaftlichen Sprache verpflichtet ist, und zwar unabhängig von Qualität der Veröffentlichung selbst wie diese Broschüre. Aber nun zu wesentlichen Fakes.

Wenn man heute von Russen spricht, stellt man sich vor allem die Bevölkerung Moskau und Umgebung vor, also im Mittelalter Fürstentum Moskau, das erst 300 Jahre später als Kiew aus dem Fürstentum Wladimir-Susdal entstand. Im X. Jh. existierten weder Begriffe "Nationalität noch Begriff "Russen". Stadt Kiew, die Hauptstadt späteren Großfürstentum Kiewer Rus, wurde von Warägern (slawische Bezeichnung für Wikinger) auf ihren Handelswegen nach Konstantinopel gegründet. Kiewer Rus war besiedelt von vielen slawischen Stämmen und existierte bis zu ihrer Eroberung durch die Goldene Horde 1240.

Im Jahre 862 luden die sich kriegerisch bekämpfende slawischen Stammfürsten Gebrüder Rurik aus Skandinavien ein, ihre Territorien als Herrscher zu regieren. So wurde Rurikiden-Dynastie gegründet, die zuerst das Großfürstentum Kiewer Rus und nach deren Untergang das später entstandene Großfürstentum Moskau bis 1598 regierte. Ruriks Sohn Igor wurde Großfürst von Kiewer Rus, heiratete Olga, die nach seiner Ermordung selbst zu Großfürstin der Kiewer Rus wurde. Olga stammte selbe aus einer Waräger-Familie und hatte mit "russischem Herrscherhaus" – welches auch immer damit gemeint ist, Rurikiden, Romanows? – nichts zu tun.

Die DDR-Doktorin vereinte alle vielfältigen und zahlreichen damaligen ost-slawischen Stämme unter dem Nazionalitätsbegriff "Russen". Sie vergisst dabei die slawischen Stämme, die seit der Völkerwanderungszeit auf dem Territorium hurtiger Brandenburg ansiedelten, sonst sollte die Fake-Autorin die ersten Kontakte "Deutschen" – wer auch immer damit gemeint ist, Franken, Sachsen? – mit "Russen" auf das VI. Jh. setzen!

Diese Geschichte wäre nicht der Rede wert, wenn sie heute, nach 32 Jahren, von Putin und seinem Krieg nicht wieder mal aktualisiert gewesen wäre. Was die Autorin und die damalige Zeit angeht, war es mir rückblickend angst und bange davor, wieviel DDR mit solchen an der Gehirnwäsche erkrankten Wissenschaftlern die BRD damals geerbt hatte und ohne großen Schaden sogar im Bildungswesen verkraftete!





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